Schmelzende Gletscher, überflutete Landstriche und Städte, brennende Wälder und ausgetrocknete Seen. Solche Bilder gehen derzeit fast täglich um die Welt und zeigen uns eindrücklich, dass die Klimakrise eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist. Auch in Österreich können wir die Auswirkungen der Klimakrise immer stärker beobachten. Der Winter 2023/2024 war der wärmste seit Messbeginn in Österreich. Die kommenden Winter dürften ähnliche Negativrekorde aufstellen. Viele europäische Länder, darunter auch Österreich, waren von Winterdürren betroffen.
Durch die Klimakrise nimmt die Anzahl der Hitzetage kontinuierlich zu. Dies bedeutet auch ein höheres Krankheitsrisiko, denn steigende Temperaturen führen zu vermehrten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychischen Beeinträchtigungen, reduzierter Leistungsfähigkeit und akuter Sterblichkeit. Dies beeinflusst wiederum die Arbeit von Berufsgruppen in den Sozial- und Gesundheitsdiensten massiv. Höherer Arbeitsdruck und Stress sind die Folge. Die verstärkt auftretenden Katastrophenfälle wie Hochwasser, Waldbrände, Lawinen und Murenabgänge führen auch zu einer höheren Arbeitsbelastung für Menschen, die bei Katastrophendiensten arbeiten. Auch alle Berufsgruppen, die ihren Dienst vorrangig im Freien ausüben, erfahren durch die steigenden Temperaturen eine höhere Belastung. Hier braucht es Maßnahmen wie hitzefrei ab gewissen Temperaturen und eine genaue Überwachung, dass solche Vorgaben eingehalten werden.
Die Klimakrise und ihre Auswirkungen zwingen uns dazu, in Zukunft unsere CO2-Emissionen massiv einzuschränken. Nahezu alle Staaten weltweit haben sich im Rahmen des Pariser Klimaabkommens 2015 dazu verpflichtet, die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur zu begrenzen. Auch die Europäische Union hat sich daher ehrgeizige Reduktionsziele gesetzt. Im Dezember 2019 wurde von der Europäischen Kommission der sogenannte „Green Deal“ ausgerufen, um den Herausforderungen der Klimakrise eine europäische Lösung entgegenzustellen. Mit dem europäischen Klimagesetz wurde festgelegt, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gesenkt werden. Dieses Ziel soll im Rahmen des Pakets „Fit for 55“ durch eine Reihe an Maßnahmen und Gesetzesinitiativen erreicht werden, beispielsweise im Bereich der Energieeffizienz von Gebäuden, dem Emissionshandelssystem und dem Ausbau erneuerbarer Energien. Diese sogenannte „Dekarbonisierung“ hat weitreichende Folgen für unser Wirtschaftssystem. Einerseits werden diese Veränderungen zahlreiche neue Arbeitsstellen schaffen. Auf der anderen Seite werden aber auch einige Arbeitsplätze verloren gehen. Damit bestehende Arbeitsplätze geschützt und neue, gute Arbeitsplätze geschaffen werden, braucht es aktive Gewerkschaftsarbeit und zielgerichtete Investitionen. Als Gewerkschafter setze ich mich dafür ein, hochwertige und grüne Jobs zu erhalten und auszubauen.
Die öffentliche Daseinsvorsorge und ihre Beschäftigten sind ein wichtiger Baustein im Rahmen dieser Veränderung. Städten und Gemeinden kommt bei der Bekämpfung der Klimakrise eine besondere Bedeutung zu. 70 Prozent der Klimaschutzmaßnahmen und 90 Prozent der Klimawandelanpassungsmaßnahmen passieren auf lokaler und regionaler Ebene. Viele Berufsbilder in der öffentlichen Daseinsvorsorge – von Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, öffentlicher Verkehr und Energie über Müllbeseitigung, Pflege, Gesundheit bis zu Bildung – sind schon jetzt nachhaltige, sogenannte „Green Jobs“. Nachhaltige Jobs sind jedoch nicht automatisch auch gute Jobs. In meiner Arbeit auf europäischer und nationaler Ebene setze ich mich dafür ein, dass Nachhaltigkeit immer auch mit guten Arbeitsbedingungen einhergeht und die Veränderungsprozesse sozialpartnerschaftlich abgestimmt passieren. Als Gewerkschafter:innen haben wir es uns zum Ziel gemacht, diesen Übergang, diese „Just Transition“, in eine dekarbonisierte Gesellschaft sozial gerecht zu gestalten. Denn der Wandel wird passieren. Die Frage ist nur, wie wir diesen ausgestalten. Wir müssen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene alle Hebel in Bewegung setzen, dass Beschäftigte im Mittelpunkt des Wandels stehen. Für einen stabilen Übergang in diesen Zeiten braucht es eine umsichtige Politik, die niemanden zurücklässt.
Die EU hat mit dem sogenannten „Just Transition-Mechanismus“, dem Just Transition Fund und dem Klima-Sozialfonds bereits erste Schritte gesetzt, um einen sozial gerechten Übergang möglich zu machen. Gleichzeitig braucht es aber noch verbindliche Umsetzungsziele auf Ebene der Mitgliedstaaten durch eine Just Transition-Richtlinie.
Auf nationaler Ebene hat die Bundesregierung Anfang 2024 einen „Just Transition Aktionsplan Aus- und Weiterbildung“ vorgestellt, wobei hier noch einiges an Nachholbedarf besteht. Auch wenn diese Schritte ein positiver Beginn sind, brauchen wir jetzt einen größeren Fokus auf einen gerechten Übergang mit klareren, langfristigen regulatorischen Vorgaben, die Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen und zugleich Arbeitnehmer:innen den Platz am Tisch geben, den sie verdienen. Gestalten wir jetzt eine grüne und sozialere EU für die Vielen. Denn sonst müssen wir später aufwändig reparieren, was Großkonzerne, Konservative und Rechtsextreme jetzt gerade anzustellen versuchen. Politik und Wirtschaft müssen jetzt die Sorgen der Beschäftigten ernst nehmen, sie in die Planung einbinden und ihnen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bieten. Es braucht Förderungen von Aus- und Weiterbildung, kostenlose Umschulungen in Zukunftsbereichen sowie eine staatliche Jobgarantie. Nur so können wir diesen Wandel gerecht gestalten und Menschen, Klima und Jobs schützen.